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Beiträge der Jugend- und Erwachsenenbildung in Krisenregionen

Weltweit ist eine Zunahme von Krisen und gewaltsamen Konflikten zu beobachten. Dies betrifft Länder des Nahen Ostens, Asiens und des afrikanischen Kontinents, in jüngster Zeit aber auch europäische (Nachbar-)Länder wie Belarus und mit dem Kriegsausbruch im Februar 2022 natürlich auch die Ukraine. Für das Institut für Internationale Zusammenarbeit (DVV International) ist es nicht ungewöhnlich, in Krisenregionen zu arbeiten. Die Arbeit in konfliktbehafteten Ländern hat sich in jüngster Zeit jedoch außergewöhnlich verdichtet und verlangt eine hohe Krisenreaktionsfähigkeit.

Weltweit ist eine Zunahme von Krisen und gewaltsamen Konflikten zu beobachten. Dies betrifft Länder des Nahen Ostens, Asiens und des afrikanischen Kontinents, in jüngster Zeit aber auch europäische (Nachbar-)Länder wie Belarus und mit dem Kriegsausbruch im Februar 2022 natürlich auch die Ukraine. Für das Institut für Internationale Zusammenarbeit (DVV International) ist es nicht ungewöhnlich, in Krisenregionen zu arbeiten. Die Arbeit in konfliktbehafteten Ländern hat sich in jüngster Zeit jedoch außergewöhnlich verdichtet und verlangt eine hohe Krisenreaktionsfähigkeit. Zudem bedarf es zeitgemäßer Lehr- und Lernansätze, um über die Jugend- und Erwachsenenbildung wichtige Beiträge zur Krisenbewältigung leisten zu können.

DVV International arbeitet in über 30 Ländern weltweit, zumeist mit eigenen Büros. Auch wenn sich in der Vergangenheit die wenigsten Standorte in Ländern mit erhöhtem Sicherheitsrisiko befanden, gab es doch immer wieder lokale, inner- und zwischenstaatliche Konflikte, auf die es zu reagieren galt. In Bezug auf sicherheitsrelevante Risiken verfügt DVV International für seine Arbeit in krisenanfälligen Ländern über erprobte Ansätze, Sicherheitsrichtlinien und Erfahrungen. Die Auslandsbüros sind im engen Austausch mit den deutschen Vertretungen und in deren Sicherheitsarchitektur eingebunden.

Das vergangene Jahr hat nun aber auch deutlich gezeigt, dass kurzfristig größere Krisen und, wie in der Ukraine, sogar eine Kriegssituation entstehen können. In diesem Fall gilt es schnell zu reagieren und für die Sicherheit der Mitarbeiter*innen zu sorgen. Wenn die Rahmenbedingungen es erlauben, werden neue Arbeitsansätze gesucht, um Bildungsmaßnahmen fortsetzen zu können. Hierbei kommen sowohl transnationale als auch virtuelle Formate zum Einsatz, wie sie schon während der Corona-Pandemie genutzt worden sind. Besondere Aufmerksamkeit lag in der jüngsten Vergangenheit auf den Projektaktivitäten in Afghanistan und Belarus und nicht zuletzt in der Ukraine.

Eingetrübte Perspektiven in Afghanistan

Das in dieser Hinsicht drastischste Beispiel im Jahr 2021 war sicherlich Afghanistan. Dort unterhält der DVV kein eigenes Büro, sondern engagiert sich über eine lokale Partnerorganisation. In den vergangenen 20 Jahren wurde der afghanische Erwachsenenbildungsverband (ANAFAE) mit einer Vielzahl angeschlossener Lernzentren aufgebaut, um massiven Bildungsrückständen bei Jugendlichen und Erwachsenen zu begegnen. Die Machtübernahme der Taliban stellte ANAFAE und DVV International vor große Herausforderungen. Da die Arbeit in Afghanistan insbesondere auf bessere Bildungschancen für Mädchen und Frauen abzielt, ist sie unter dem neuen Regime potenziell gefährdet. DVV International ist nun darum bemüht, die Arbeit in Afghanistan zumindest in dem Maße fortzuführen, dass die langjährig aufgebauten Strukturen zumindest im Kern erhalten bleiben können.

Keine DVV-Präsenz mehr in Belarus

In Belarus haben staatliche Behörden im Sommer 2021 die Genehmigung für den Bürobetrieb nicht verlängert. Daher musste der DVV sein Büro in Minsk leider sehr kurzfristig schließen, die Mitarbeiter*innen entlassen und Fördermittel neu planen. Der Kontakt zu belarussischen Partnern und Expert*innen im Land und in der Diaspora sollte gemäß Planungen Endes des Jahres 2021 über ein von Kiew aus gesteuertes Regionalvorhaben fortgesetzt werden. Dies wird nun durch den Krieg in der Ukraine massiv erschwert, da sich die meisten der lokalen Mitarbeiter*innen aktuell nicht mehr in Kiew aufhalten, digital arbeiten müssen und länderübergreifende Maßnahmen zurzeit nicht mehr in der Ukraine stattfinden können.

Bildungsmaßnahmen im Kriegszustand

In der Ukraine hat der DVV bis zum Kriegsausbruch mit elf zivilgesellschaftlichen Trägern non-formaler Erwachsenenbildung an acht Standorten (Sumy, Poltawa, Melitopol, Nikopol, Mykolajiw, Kyjiw, Winnyzja und Lwiw) zusammengearbeitet und innovative Bildungsprogramme pilotiert sowie zahlreiche lokale zivilgesellschaftliche Initiativen inspiriert und begleitet. Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 sind noch acht Partner vor Ort in der Bildungsarbeit aktiv, engagieren sich aber darüber hinaus auch in der Hilfe für Geflüchtete und der Versorgung von Hilfsbedürftigen, organisieren Unterkünfte und Suppenküchen, nähen Schutzausrüstung für die Soldat*innen und die Zivilverteidigung. Sie haben ihr Kursangebot kurzfristig umgestellt und organisieren nun vor allem Erste-Hilfe-Kurse, klären über Fake News auf und schulen Menschen im kritischen Denken, um die Informationsflut bewältigen zu können. Neu oder an die Kriegssituation angepasst sind therapeutische Kursangebote wie Kunsttherapie und andere Formen der Stress- und Traumabewältigung. Im Austausch mit ausgewählten Volkshochschulen beraten die ukrainischen Erwachsenenbildungszentren in virtuellen Formaten auch darüber, wie das Bildungsangebot für ukrainische Geflüchtete in Deutschland gestaltet und ausgeweitet werden kann.

Stärkung der Zivilgesellschaft

Über Afghanistan, Belarus und die Ukraine hinaus gibt es weitere krisen- und konfliktbehaftete Projektländer, in denen DVV International aktiv ist – bisher jedoch mit weniger dramatischen Auswirkungen. In Mali konzentrieren sich die Konflikte vor allem auf den Norden des Landes und auch in anderen Ländern sind in der Regel einzelne Landesteile betroffen, wie zum Beispiel in Georgien, Äthiopien, Mosambik und Kolumbien.

Man mag fragen, warum der DVV mit seinem internationalen Institut überhaupt in Krisenregionen und deren Anrainerstaaten aktiv ist. Die Arbeit findet sowohl in entwicklungs- als auch bildungspolitischer Hinsicht ihre Begründung. Der neue Koalitionsvertrag sieht im Kapitel der Entwicklungszusammenarbeit eine weitere Stärkung zivilgesellschaftlicher Akteure vor, die immer häufiger in ihren Spielräumen begrenzt werden („shrinking spaces“). Die Ausrichtung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fokussiert zunehmend auf die am wenigsten entwickelten Länder, die potenziell konfliktanfälliger sind. Neben der Ukraine erfahren Afrika und die Länder des Nahen und Mittleren Ostens im Kontext von Flucht und Migration weiterhin hohe Aufmerksamkeit.

 Mit der Agenda 2030 haben sich die Vereinten Nationen vorgenommen, niemanden zurückzulassen („leave no one behind“) und beim sogenannten Bildungsziel (SDG 4) steht die Förderung des lebenslangen Lernens für alle Menschen im Mittelpunkt. In armen und fragilen Ländern sind Alphabetisierungsraten oftmals äußerst gering. Bildungssysteme sind schwach ausgebildet, chronisch unterfinanziert und von geringer Qualität, besonders in entlegenen Gegenden und ländlichen Regionen. Viele Menschen leben unter prekären Lebensbedingungen und leiden unter Armut und Instabilität. Hier setzt die Arbeit des Instituts an, mit der Förderung nachhaltiger Strukturen der Jugend- und Erwachsenenbildung und nachfrageorientierten Ansätzen, die das Gemeinwesen stärken, einkommensschaffende Maßnahmen beinhalten, Konflikten vorbeugen bzw. einen Umgang mit diesen suchen, Versöhnung ermöglichen, Beteiligung stärken und Übergänge in formale Bildungssysteme befördern.

Bildung für nachhaltige Entwicklung

Wie die Arbeit von DVV International konkret aussieht, lässt sich an einigen Beispielen verdeutlichen. In Mali fördern wir mit unseren lokalen Partnern umfangreiche Alphabetisierungsmaßnahmen. Diese werden über integrierte Ansätze und in sogenannten REFLECT-Zirkeln mit Maßnahmen der Einkommensgenerierung und der Stärkung des Gemeinwesens in ländlichen Räumen kombiniert. In Kolumbien wird Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) als friedensfördernde Strategie eingesetzt.

In Zentralasien wirken mehrere Projekte im Kontext der Extremismusprävention, um die Resilienz radikalisierungsgefährdeter Bevölkerungsgruppen zu stärken.

Diese Beispiele mögen verdeutlichen, dass DVV International nicht allein auf Krisen reagiert. Denn die Förderung der Jugend- und Erwachsenenbildung bietet – passgenau und mit lokalen Partnern konzipiert – relevante und effektive Ansätze, um Konflikten proaktiv zu begegnen, Unterstützung durch Weiterbildung zu leisten und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken – in Deutschland und weltweit.

Der Autor

Christoph Jost ist der Geschäftsführer von DVV International.
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