Seit Eröffnung des Regionalbüros Nordafrika in Tunis im Jahr 2019 fördert DVV International in Tunesien insbesondere Frauen durch die Bereitstellung von Erwachsenenbildungsangeboten, die auf die Bedarfe weiblicher Zielgruppen zugeschnitten sind. Seit kurzem wird DVV International dabei von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, FAO (Food and Agriculture Organization) unterstützt.
Einkommenserzielung in wirtschaftlich schwierigem Umfeld
Tunesien gilt in Europa nach wie vor als das Vorzeigeland in Bezug auf Demokratisierung seit dem Arabischen Frühling. So konnten seitdem, trotz einiger Rückschritte gerade in den letzten Jahren, immer wieder demokratische Wahlen abgehalten werden. Wirtschaftlich allerdings stagniert das Land, und ist nach wie vor in vielen Gegenden stark agrarisch geprägt – ein wesentlicher Grund, warum DVV International die Landwirtschaft in den Blick nimmt und mit innovativen Methoden funktionaler Alphabetisierung die Rolle der Frauen in ländlichen Gebieten zu stärken versucht. Durch Unterstützung der FAO kann DVV International innerhalb eines zunächst einjährigen Projektes nun auch in den Gouvernoraten Kairouan und Jendouba zur Frauenförderung beitragen.
Im Rahmen des Projekts soll durch eine intelligente Kombination aus der Entwicklung von einkommensschaffenden Aktivitäten in der Landwirtschaft und der Bereitstellung von Lernmöglichkeiten für Frauen in ländlichen Gegenden ein partizipativer Rahmen geschaffen werden, in dem auch den Themen Umweltschutz und soziale Inklusion große Aufmerksamkeit gewidmet wird. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die Kapazitäten von Mitgliedern von Berufsverbänden, pädagogischen Führungskräften in der Erwachsenenbildung und der ländlichen Bevölkerung gestärkt werden, so dass diese entsprechende Materialien und Trainings entwickeln können.
Landwirtschaftliche Entwicklungsgruppen als Plattform
Die aus insgesamt 900 Frauen bestehende Zielgruppe wird durch die enge Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Entwicklungsgruppen (groupements de développement agricole, GDA) erreicht. Diese GDA sind einer Kooperative ähnliche verbindliche Vereinigungen von Frauen in einem bestimmten Dorf mit dem Ziel, sich gegenseitig, auch finanziell, beim Erlernen neuer landwirtschaftlicher Praktiken zur Einkommensgenerierung zu unterstützen. Dies soll in so unterschiedlichen Feldern wie der Bienenzucht, der Herstellung von Olivenöl oder dem Gemüseanbau geschehen.
In einem ersten Schritt wurden bereits geeignete GDA ausgewählt und deren konkreter Bedarf erhoben. Auf dieser Grundlage sollen nun konkrete Trainingspläne erarbeitet werden. Bei einem Projektbesuch einer Delegation des Regionalbüros und der Zentrale von DVV International im Mai 2024 zeigten sich die Frauen in den ausgewählten GDA im Gouvernorat Jendouba hocherfreut über die Möglichkeit, ihre Kenntnisse in verschiedenen landwirtschaftlichen Bereichen zu erweitern und dabei gleichzeitig auch grundlegende Lese- und Schreibfertigkeiten erlangen zu können. Dies gebe ihnen eine neue Unabhängigkeit. Auch zur Hilfestellung für die eigenen Kinder beim Schulbesuch sei die stattfindende Alphabetisierung von großer Bedeutung
Ansätze mit Partnern erprobt
Die Förderung der Arbeit von DVV International durch die FAO findet statt im Rahmen eines großangelegten Projektes, das mehrere afrikanische Staaten und andere Länder des globalen Südens umfasst und unter dem Titel „Accélérer le progrès vers l’autonomisation économique des femmes en milieu rural“ („Beschleunigung des Fortschritts bei der wirtschaftlichen Stärkung von Frauen in ländlichen Gebieten“) auf die wirtschaftliche Stärkung von Frauen in ländlichen Gebieten abzielt. Durch die Fachkompetenz von DVV International, die insbesondere die Implementierung der mit lokalen Partnern (Institut Supérieur d’Education et de Formation Continue, Agence de la Vulgarisation et de la Formation Agricole, Centre National de l'Éducation des Adultes) entwickelten Ansätze der funktionalen Alphabetisierung einschließt, soll zum Gelingen des Projekts nun ein wesentlicher Beitrag geleistet werden.