Selbst in Zeiten von COVID-19 kann man sich die Hände nicht von der Erwachsenenbildung waschen … aber sie kann Räume zum Nachdenken bieten

DVV International hat Wissenschaftler*innen, Praktiker*innen und Vordenker*innen aus verschiedenen Regionen der Welt befragt, wie sie  die Stellung und Aufgabe der Erwachsenenbildung (Adult Learning and Education – ALE) in und nach der Corona-Krise beurteilen.

Insbesondere die Antworten aus dem Globalen Süden zeigen, wie die Pandemie die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich vertieft. Dies betrifft nicht nur den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, sondern auch zu Bildung – und zwar im formalen wie non-formalen Bereich. So schildert Rajesh Tandon, wie in Indien selbst der Zugang zu verlässlichen Informationen über die Pandemie vom ökonomischen Status abhängt. Archana Dwivedi beklagt, wie insbesondere Frauen und Mädchen zu den Verliererinnen der Krise gehören. Sie tragen nicht nur die Hauptlast der Krisenbewältigung, sondern laufen auch Gefahr, mühsam erkämpfte Rechte einzubüßen.

Alan Tuckett bemerkt angesichts des Versagens staatlicher Daseinsvorsorge und Informationspolitik in Großbritannien eine Welle gesellschaftlicher Solidarität und das Bedürfnis, sich mit wissenschaftlichen Erkenntnissen auseinanderzusetzen. Beides bilden für ihn wichtige Anknüpfungspunkte für ALE. In eine ähnliche Richtung argumentiert Ichiro Miyazawa, der ALE einerseits vor die große Rolle gestellt sieht, die Digitalisierung der Gesellschaft zu begleiten, andererseits die Notwendigkeit betont, ALE-Zentren zu Informations-Knotenpunkten auf lokaler Ebene weiterzuentwickeln, die nicht nur Bildung, sondern auch Vernetzung und Austausch ermöglichen. Roong-Aroon Omas aus Thailand verbindet diesen Gedanken mit der Nutzung des Konzeptes der „Lernenden Städte“, bei  dem ALE mit seiner Flexibilität eine wichtige Rolle spielen kann.

Einen Schritt weiter gehen Timothy Ireland aus Brasilien und Zahi Azar aus dem Libanon, die die Krise zum Anlass nehmen über notwendige Systemtransformationen nachzudenken. Für sie ist es die Aufgabe von ALE, Räume und Anlässe anzubieten, die die Menschen zum Nachdenken und Weiterdenken  ermutigen, um die bevorstehenden Veränderungen (etwa im Kontext des Klimawandels) zu verstehen und neue Möglichkeiten zu entwickeln. Giovanna Modé und Adelaida Entenza von der lateinamerikanischen Bildungskampagne CLADE schlagen für diese Aufgaben vor, die lateinamerikanischen Traditionen der Popular Education wieder zu beleben. Lene Rachel Andersen aus Dänemark beklagt in diesem Kontext einen Mangel an Vision und Mut bei den ALE-Institutionen und mahnt einen kritischeren Umgang mit staatlichem Handeln an.

Einig sind sich alle Beteiligten, dass die Welt nach der Krise auch für ALE nicht dieselbe sein wird wie vorher.  Es gelte, den notwendigen Wandel aktiv zu gestalten, den Rajesh Tandon mit den fünf Schlüsselbegriffen „Re-building Communities“, „Education for all“, „Re-imagining the new normal“, „Technology support to human interactions“ und „Investing in the local“ beschreibt.

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