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Die Stimme der Frauen verstärken: Das Gender-Toolkit in der Andenregion

Die Stimme der Frauen verstärken: Erfahrungen aus der Erprobung des Gender-Toolkits in der Andenregion

Jüngste Untersuchungen der letzten Jahre zeigen wenig ermutigende Ergebnisse hinsichtlich der Einbeziehung von Gender-Ansätzen in Lateinamerikas Bildungssektor. Die Unterschiede in der Einschulungsrate von Männern und Frauen und in der Verweildauer im Bildungssystem bestehen fort, vor allem in ländlichen Gebieten, bei bäuerlichen und indigenen Gruppen. Die Lehrplaninhalte verstärken Geschlechterstereotypen. Umso wichtiger ist das Gender-Toolkit.

Pilotierung der ALE-Toolbox, Quito, Ecuador. @DVV International

Untersuchungen der letzten Jahre zeigen wenig ermutigende Ergebnisse hinsichtlich der Einbeziehung von Gender-Ansätzen in Lateinamerikas Bildungssektor. Die Unterschiede in der Einschulungsrate von Männern und Frauen und in der Verweildauer im Bildungssystem bestehen fort, vor allem in ländlichen Gebieten, bei bäuerlichen und indigenen Gruppen. Die Lehrplaninhalte verstärken Geschlechterstereotypen. Die Machtverhältnisse im Klassenzimmer, aber auch an anderen Orten, an denen Bildung vermittelt wird, sind so strukturiert, dass weibliche Teilnehmerinnen diskriminiert werden. Für das Gender-Paradigma gibt es in Lateinamerika keine einheitliche und eindeutige Definition. Vielmehr geht es um die Anerkennung der kulturellen Vielfalt verschiedener „Feminismen“ und ihrer Ausprägungen auf dem Kontinent. Feministische Bewegungen haben sich auf politischer Ebene erheblich weiterentwickelt, ihre Reichweite und ihr Mobilisierungsgrad sind heute deutlich höher als die anderer Akteure.

Das Gender-Toolkit kann vieles anregen: Überlegungen zu Geschlechterrollen, Aktivitäten für eine stärkere Beteiligung von Frauen in Entscheidungsprozessen, die Förderung ihrer Teilhabe am Lernen sowie Maßnahmen zur Gewährleistung der stetigen Präsenz von Frauen in formalen und nicht-formalen Bildungsräumen. Es richtet sich an alle Fachleute, die in ALE arbeiten, aber auch an politische Entscheidungsträger*innen, die sich mit der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Erwachsenenbildung befassen. Weitere Informationen:https://www.dvv-international.de/en/ale-toolbox/teaching-and-training/gender-in-ale-toolkit

Gender als Querschnittsthema

In der Andenregion kommt es jetzt darauf an, Gender als Querschnittsthema in der Bildungsarbeit zu stärken. Daher nahm sich das Südamerikabüro im Rahmen seines Regionalprojekts die Übersetzung, Anpassung und Erprobung des Gender-Toolkits vor, das ursprünglich von der MENA-Region erstellt worden war. Dieses Vorhaben wurde in Ecuador und Kolumbien durchgeführt, zusammen mit kommunalen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, die non-formale Bildungsaktivitäten mit einem Volksbildungsansatz fördern. Die der Erprobung des Toolkits zeigte, wie sich dieses Instrument inhaltlich ausbauen und an einen anderen kulturellen Kontext sowie unterschiedliche Auffassungen von Feminismus anpassen lässt. Auch wurde deutlich, wie die Erfahrungen und Bestrebungen der Frauen selbst integriert werden können. Dies erhöht die Akzeptanz des Tools bei den Frauen.

Die Erprobung des Gender-Toolkit-Leitfadens wurde an der Atlantikküste Kolumbiens durchgeführt, einer relativ armen Region. Wie in vielen anderen Teilen Kolumbiens herrschten auch in dieser Region lange Zeit irreguläre bewaffnete Gruppen. Vor allem Frauen lebten in großer Unsicherheit, sie waren Übergriffen und Angriffen ausgesetzt.

Überkommene Rollen werden infrage gestellt

Das Gender-Toolkit wurde für Mädchen und Frauen entwickelt, die vor Kurzem in Dialoge und Aktivitäten zur Stärkung der Gemeinschaft eingetreten sind. Es bezieht auch die Männer der Gemeinschaft mit ein, um deren Verständnis von Männlichkeit zu ändern. Seine Anwendung hat einen Prozess der Sensibilisierung für geschlechtsspezifische Ungleichheiten in Gang gesetzt, in einem kulturellen Umfeld, Männern die Rolle des Versorgers und Frauen die Verantwortung für Hausarbeit und Familien zugewiesen werden.

“Ich wuchs in einer patriarchalischen und sexistisch eingestellten Familie an der Seite meines Vaters auf. […] Er erzählte uns, dass, als seine Geschwister, zwei Männer und zwei Frauen, zur Schule gingen, seine Mutter ihnen sagte, Mädchen hätten in der Schule nichts zu suchen.“ (María, 46)

In Ecuador wurde dieses Pilotprogramm mit zwei zivilgesellschaftlichen Organisationen durchgeführt, deren gemeinsamer Nenner darin besteht, eine Veränderung des traditionell männlichen Führungsmodells zu fördern. Während in der Vergangenheit Männer die kollektiven Entscheidungen trafen, sind es nun die Frauen, die diese Räume für sich beanspruchen und erobern. Dies bringt Spannungen mit den Männern hinsichtlich der Führungsrolle, die diese gewohnt waren zu übernehmen.

Der Leitfaden stellt Aktivitäten vor und gibt nützliche Anregungen, um das Thema Gender in die Angebote der Erwachsenenbildung einzubeziehen und als Querschnittsthema bei der Weiterentwicklung von ALE-Institutionen zu verankern. Das Pilotprogramm zeigt, dass ALE-Räume für den Austausch von Meinungen, Fragen und Überlegungen zum Thema Gender schaffen und schrittweise grundlegende Konzepte von Geschlecht, Identität, Vaterschaft und Mutterschaft sowie sexuellen und reproduktiven Rechten einbeziehen sollte.

Die Teilnehmer*innen der Erprobung wiesen darauf hin, dass es ratsam wäre, Instrumente und Methoden für das Konfliktmanagement und Aktivitäten zur Sensibilisierung und Prävention von Gewalt gegen Frauen einzubeziehen. Außerdem empfahlen sie, Hinweise für mögliche Maßnahmen bei Macht- oder Führungskonflikten innerhalb der Organisationen aufzunehmen.

Das Pilotprogramm hat auch gezeigt, welche Auswirkungen die ALE-Prozesse auf das Leben der Frauen haben. Als sie anfingen, sich weiterzubilden, waren sie mit großen Hindernissen konfrontiert. Ihre Aussagen zeigen, dass dadurch ihr Selbstwertgefühl gestärkt wurde. Die Frauen haben begonnen, sich selbst als Individuen mit Hoffnungen, Bestrebungen und dem Wunsch nach Veränderung wahrzunehmen und nicht nur als Versorgerinnen oder Einkommensquelle.

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